Philippinen
Zeit zum Atmen
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Seit November vergangenen Jahres leitet Lorenz Wenger zusammen mit Frau Helena und Sohn Jorik das BlueStar dive & resort auf der philippinischen Insel Bohol (SCROGGIN-career berichtete). Nach einem Jahr zieht der Jungunternehmer und Auslandschweizer Fazit unter Palmen..
Von: Lorenz Wenger
SCROGGIN: Wir berichteten im letzten Scroggin über Ihre ersten Schritte, das Resort mitsamt Tauchschule instand zu setzen und zu organisieren. Sie erzählten über Kultur- und Kommunikationshürden mit Angestellten, und wir erfuhren mehr über ihre Pläne. Was war ihr persönliches Highlight während des vergangenen Jahres?
Lorenz Wenger: Nach all dem Herzblut, das wir in den Aufbau von BlueStar investiert haben, macht es grosse Freude, das Ressort und sein Team zu sehen, wie es ist, und hier immer wieder neue Gäste empfangen zu können. Der familiäre Rahmen und der Austausch mit den Gästen geben uns immer wieder Energie, Neues anzupacken. Besonders stolz sind wir, dass wir nach so kurzer Zeit die Kuoni-Tochter Manta Reisen als Partner gefunden haben und im neuen Katalog aufgenommen wurden.
SCROGGIN: Sie beschäftigen 16 Angestellte. Wie stellt man sich eine „philippinische Personalführung“ vor?
L.W.: Selbst nach einem Jahr Erfahrung würde ich von einem Patentrezept absehen. Wir versuchen stets streng, aber grosszügig und fair zu sein. Ausnahmen sind schwierig durchzusetzen. Dass einer unserer Angestellten von seinem eigenen Taschengeld beim Dorfschneider ein BlueStar-Shirt nähen liess, zeigt uns, dass die Identifikation gross ist und wir es nicht verkehrt machen.
SCROGGIN: Wie überall gibt es auch als Ressortleiter unter der Sonne Schattenseiten. So verrieten Sie uns in der letzten Ausgabe, dass Ihre familiäre Privatsphäre leidet. Wie gehen Sie damit um?
L.W.: Man muss immer wieder raus. BlueStar ist unser Büro und unser Heim zugleich. Wir nehmen regelmässig Distanz und unternehmen etwas in einer anderen Umgebung. Wir machen Motorrad-Touren quer über die Insel, gehen in Nachbar-Ressorts auf einen Kaffee oder zum Abendessen vorbei. Alle paar Wochen muss ich in die Grossstadt nach Cebu. Da gibt es Rolltreppen, Verkehrsstaus, Shopping Malls, Leuchtreklamen und Kinos. Dinge, die ich hier in der Provinz auf Dauer vermisse. Meistens lässt sich das verbinden, um Gäste vom Flughafen abzuholen.
SCROGGIN: Gibt es andere Sorgen, die Sie beschäftigen?
L.W.: Wir waren beide vorher noch nie selbständig. Die Selbständigkeit war und ist für uns immer noch die grössere Herausforderung als das Leben im Ausland. Die steigenden Kerosin-Preise und das immer kurzfristigere Buchungsverhalten im Tourismus sind für uns neue Risiken, denen wir begegnen.
SCROGGIN: Haben sie Sehnsucht nach der Schweiz?
L.W.: Im Juli während der Nebensaison leisteten wir uns einen Ein-Monats-Aufenthalt in der Schweiz, um Freunde und Familie zu besuchen. Die vertrauten Leute fehlen uns. Und manchmal ist es schwer, sich vorstellen zu können, dass wir die nächsten Jahre Weihnachten bei 30 Grad unter Palmen statt in der geheizten Stube verbringen werden. Palmen und Meer werden ordinär, Schnee wird etwas Abstraktes (lacht)…
SCROGGIN: Sie leben einen Traum vieler Leute. Was raten Sie jenen, die Zweifel haben, etwas Neues anzupacken und möglicherweise von zu Hause wegzuziehen?
L.W.: Gut überlegen, abwägen und dann starten, ohne loszulassen. Viele TV-Reportagen von Auswanderern leben von der Opferrolle blauäugiger Träumer, die sich im Vorfeld zu wenig mit ihrer neuen Wahlheimat auseinandersetzen. Mit der Einstellung, alles Schlechte hinter sich lassen zu können, wird man nirgends sein Glück finden. Es ist immer besser, etwas zu bereuen, dass man getan hat, als etwas zu bereuen, was man nie getan hat.
Mehr Informationen zur Tauchbasis und zum Ressort: www.bluestardive.com
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Lorenz Wenger - eidg. dipl. Kommunikationsleiter und PADI-Tauchinstruktor
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Lorenz Wenger (32) ist eidg. dipl. Kommunikationsleiter und PADI-Tauchinstruktor. Er arbeitete zehn Jahre lang in der Marketing-Kommunikation als Berater in verschiedenen
Werbeagenturen, zuletzt für einen nationalen Finanzdienstleister. Von 2000 bis 2002 war er Tauchlehrer in Ägypten. Ab 1. November 2007 leitet er zusammen mit seiner Familie das BlueStar dive & resort auf der philippinischen Insel Bohol.
In dieser dreiteiligen Serie begleitet SCROGGIN Lorenz Wenger und seine Familie bei ihrem Projekt. In der nächsten Ausgabe erfahrst Du mehr über die ersten Schritte vor Ort in Bohol (Personalgewinnung, Instandsetzung der Infrastruktur, interkulturelle Herausforderungen).
Mehr Informationen zur Tauchbasis und zum Resort: www.bluestardive.com
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Ein Kommunikationsleiter taucht auf den Philippinen ab
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«Eigentlich wollten wir nur eine Auszeit», meint Lorenz Wenger. Doch aus der Idee wurde mehr: Am 12. September 2007 flog Lorenz Wenger mit seiner kleinen Familie auf die Philippinen. Ab 1. November leitet er dort zusammen mit seiner Frau Helena eine kleine und gemütliche Tauchbasis mit Ressort, sechs Bungalows und 15 Angestellten. Sohn Jorik (2) ist zuständig für das Entertainment der Gäste.
Von: Lorenz Wenger
Zuerst sollten es nur drei Monate sein. Die junge Familie plante, eine Auszeit in Argentinien zu geniessen. Doch es kam anders. Lorenz formuliert es so: «Statt einfach nur Ferien zu machen, in einer Hängematte zu liegen und Sandburgen zu bauen, wollten wir ein Familienprojekt, bei dem wir zusammen Zeit verbringen und Neues hinzulernen». Lorenz, Kommunikationsleiter und Tauchinstruktor, taucht seit zehn Jahren in allen Gewässern der Welt und hat bereits einige Jahre als Tauchlehrer in Ägypten gearbeitet. Helena, die studierte Geografin, hat ein Jahr in Kolumbien gelebt. Gemeinsam hegten sie bereits seit einiger Zeit den Wunsch, nochmals gemeinsam für längere Zeit im Ausland etwas anzupacken.
«Seit Jorik kein Säugling mehr ist, können wir ihn überallhin mitnehmen. Er freut sich bestimmt, das Meer kennenzulernen», meint Helena überzeugt.
Wieso wandert die Familie ausgerechnet auf die Philippinen aus? «Sie sind als Tauchdestination im Vergleich zu Thailand, Malediven und Ägypten noch die grosse Unbekannte. Die Insel-Republik ist zu über 80% katholisch, Amtssprache ist Englisch.
Dadurch ist der Zugang zu den Filipinas einfach. Das Tauchen ist einzigartig, die Artenvielfalt unter Wasser einer der vielseitigsten überhaupt. Zudem ist der Tourismus dort, wo er in Thailand oder Bali vor 15 Jahren war. Das Leben ist authentisch», meint Lorenz. Der Artikel erschien im 'SCROGGIN-career' Ausgabe Nummer 2/2007. Link zu anderen Stories |
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Entdeckung der Langsamkeit
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Am 12. September 2007 flog Lorenz Wenger mit seiner Familie auf die Philippinen, um dort ein Tauchressort zu übernehmen und es neu zu eröffnen ('SCROGGIN-career' berichtete). Während der ersten vier Monate musste er Personal gewinnen, alles instand setzen und die ersten Gäste betreuen. Im Interview erzählt der junge Auswanderer von seinen Erlebnissen.
Von: Lorenz Wenger
SCROGGIN: Wir haben im letzten 'SCROGGIN-career' über Ihre Pläne und Vorstellungen berichtet, bevor Sie auf die Philippinen ausgewandert sind. Was ist seither geschehen?
Lorenz Wenger: Am Anfang war alles neu, auch die Umgebung. Wir mussten uns zunächst
an das Klima gewöhnen und starteten sanft in unserer neuen Wahlheimat mit zehn Tagen am Sandstrand, bevor wir uns an die Arbeit machten. Jorik, unser Sohn, war uns dankbar.
Dann begann die Arbeit. Seither habe ich viel über Motoren, Generatoren, Boote, Stromund
Wasserleitungen gelernt. Vom ehemaligen Bürogummi mutiere ich langsam zum Allrounder.
SCROGGIN: Was waren die ersten Schritte vor der Eröffnung des Tauchressorts?
Lorenz Wenger: Zunächst mussten wir das geeignete Personal für unser kleines, familiäres Ressort finden und ausbilden. Innert kürzester Zeit flatterten über 70 Bewerbungen ein. Für ein 300-Seelen-Dorf ist das eine Menge! Entscheidend waren meist die Englischkenntnisse und das persönliche Auftreten der Bewerber. Dann kam das Training der Angestellten: Für den Drink White Russian zum Beispiel musste ich unserem neuen Barkeeper erklären, wie man ein Tetra-Pak Milch öffnet. Solche Luxusgüter kennen die Filipinos hier nicht. Wir starteten also bei Null.
SCROGGIN: Was forderte bisher am meisten Geduld?
Lorenz Wenger: Die Beschaffung von alltäglichem Gebrauchsmaterial beansprucht viel Zeit und Nerven. Ich musste zum Beispiel fünf Tage investieren, um eine richtige Schraube aufzutreiben. Was ebenfalls Geduld forderte, war die Installation des Kompressors. Dieser ist für eine Tauchschule unersetzlich und liefert täglich die Luft zum Tauchen. Da nur eine Strom-Phase zugänglich war, musste eine zweite gelegt werden. Auf den Philippinen bekommt man grundsätzlich alles. Die Frage ist nur wann, wo und zu welchem Preis.
SCROGGIN:Was ist besser als in der Schweiz?
Lorenz Wenger: Nichts, es ist nur anders!
SCROGGIN: Was ist anders?
Lorenz Wenger:Wenn man sein Auto einer Werkstatt anvertraut, kann es gut sein, dass nach der Reparatur mehr kaputt ist als vorher. Dafür haftet allerdings niemand. Auch neu für mich: Hier ist es eine Selbstverständlichkeit, den Vorgesetzten nach Lohnvorschuss zu fragen.
SCROGGIN: Vermissen Sie etwas?
Lorenz Wenger: Die Privatsphäre leidet. Wir suchen längerfristig ein zweites Leiterpaar für das Resort, damit wir uns gegenseitig vertreten können. Momentan ist es noch nicht einmal möglich, dass ich gemeinsam mit meiner Frau in die Stadt zum Einkaufen fahre oder wir einmal einen Familienausflug unternehmen. Man ist einfach 24 Stunden am Tag präsent und gibt sogar noch unter der Dusche Anweisungen.
SCROGGIN: Vermissen Sie etwas?
Lorenz Wenger: Die Privatsphäre leidet. Wir suchen längerfristig ein zweites Leiterpaar für das Resort, damit wir uns gegenseitig vertreten können. Momentan ist es noch nicht einmal möglich, dass ich gemeinsam mit meiner Frau in die Stadt zum Einkaufen fahre oder wir einmal einen Familienausflug unternehmen. Man ist einfach 24 Stunden am Tag präsent und gibtsogar noch unter der Dusche Anweisungen.
SCROGGIN: Seit dem 1. November 2007 ist das neue BlueStar dive & resort in Bohol für tauchbegeisterte und ruhesuchende Gäste geöffnet. Was bieten Sie?
Lorenz Wenger: Unser Ziel ist es, ein ruhiges und unvergessliches Ferienerlebnis mit vielfältigen Tauchgängen zu bieten. Tagesausflüge zu den inseltypischen Märkten, zu den berühmten Chocolate Hills oder zu den Tarsiers – das sind die kleinsten Primate der Welt – runden unser Angebot ab. Abends schauen wir mit unseren Gästen open air einen Film auf Grossleinwand oder erzählen uns Piratengeschichten an der Bar.
SCROGGIN: Ihre persönliche Bilanz nach vier Monaten Philippinen?
Lorenz Wenger: Wir bereuen unsere Entscheidung, die Schweiz zu verlassen, überhaupt nicht. Man kann alles Geld der Welt verlieren – die Erfahrungen, die wir hier machen, sind unersetzlich und können uns niemals gestohlen werden.
Mehr Informationen zur Tauchbasis und zum Resort: www.bluestardive.com
Der Artikel erschien im 'SCROGGIN-career' Ausgabe Nummer 3/2008.
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