Claudia Geis
Frauen und Karriere-Fitness: Weg vom "Schauen-wir-mal-was-kommt"-Prinzip, hin zur "Ich-weiß-was-ich-will"-Taktik

Mädchen haben bessere Noten als Jungen, Studentinnen machen im Schnitt  bessere Abschlüsse als ihre männlichen Mitstreiter. Frauenbeauftragte und  Mentoren mühen sich seit Jahren, Frauen an die Spitze zu coachen. Und doch gilt  in den Chef-Etagen der meisten Unternehmen immer noch das Motto "oben ohne". In  der wirtschaftlichen Elite dominiert nach wie vor das Y-Chromosom. Woran liegt  es, dass das Gros der Frauen im Deutschland des 21. Jahrhunderts immer noch  durch Abwesenheit glänzt, wenn es um Karriere und wirtschaftlichen Erfolg  geht?
 
Die Voraussetzungen dafür, dass Frauen die Beschäftigungslücke schließen, sind  so gut wie nie zuvor, denn sie haben in den vergangenen Jahrzehnten ihre  Qualifikationen erheblich verbessert und in manchen Bereichen die Männer längst  überholt. In vielen europäischen Ländern stellen sie bereits die Mehrheit der Hochschulabsolventen. Auf dem Arbeitsmarkt ist davon aber noch wenig zu spüren.
 
Diesen Widerspruch hat die europäische Staatengemeinschaft erkannt  und will nun die weibliche Beschäftigungsrate bis 2020 auf ein Niveau von 70  Prozent heben. Auch das World Economic Forum ermahnt die Unternehmen, die weiblichen Potenziale besser zu erschließen und für die Wirtschaft nutzbar zu  machen.
 
Diese Botschaft ist bei vielen Unternehmen bereits angekommen, und sie haben das Thema „Frauenförderung“ auf ihre Agenda gesetzt. „In zahlreichen Gesprächen, die wir in den letzten Monaten mit Unternehmen geführt haben, wird deutlich, dass sich Unternehmen der Problematik mangelnder weiblicher Führungskräfte sehr wohl bewusst sind“, sagt Melanie Vogel, Initiatorin der women&work, dem bundesweit ersten Messe-Kongress für die Karriereplanung weiblicher Führungskräfte, der am 14. Mai 2011 erstmalig in Bonn  statt findet. „Sie nutzen den Messe-Kongress women&work, um gezielt Frauen zu rekrutieren, denn sie wollen die Frauenquote in ihren Unternehmen erhöhen und  bieten sehr spannende Karrieremöglichkeiten für Frauen.“
 
Die gläserne Decke - Wahrheit oder Mär?
Umso erstaunlicher ist es, dass Frauen in  Führungspositionen nach wie vor so unterrepräsentiert sind. In Leitungsfunktionen besetzen sie kaum mehr als jeden vierten Posten und das gilt für nahezu alle Branchen und Berufe, zeigen aktuelle Studien des DIW Berlin.
 
Barbara Bierach hat in ihrem Buch "Das dämliche Geschlecht" die These aufgestellt, Frauen seien nicht unterprivilegiert und unterdrückt, sondern ließen sich immer noch mit den Krümeln von den Tellern der Macht abspeisen. Entnervt vom ständigen Ringkampf um Positionen und Budgets zögen sie sich zurück und verschanzten sich hinter der Mär von der Glasdecke, jenem unsichtbaren Deckel, der ihre Karriere bremst.
 
Tatsächlich scheint es diese Karrierebremse nicht per se bei allen Frauen zu geben. "Die oft zitierte 'gläserne Decke', die Frauen in Unternehmen von einer Karriere abhalten soll, habe ich selbst nie kennengelernt“, stellt Claudia Geis, Leiterin Diabetes Care  von Bayer, fest. „Ein Kernproblem für ambitionierte Frauen sind aus meiner Sicht eher die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, Kinder und Karriere zu vereinbaren.“
 
"Ich habe immer das Gefühl gehabt, die gleichen Chancen zu  haben wie meine männlichen Kollegen", sagt auch Dr. Sonja Unterlechner, Projektleiterin bei der Boston Consulting Group (BCG). "Jeder Berater bei BCG  wird regelmäßig bewertet und ausschließlich aufgrund seiner Leistung befördert; eine gläserne Decke habe ich nie über mir gefühlt."
 
Das Argument allein  kann es also nicht sein, das Frauen am Aufstieg hindert. Das zeigt auch eine Studie, die das internationale Management-Netzwerk EWMD (European Women’s Management Development) Anfang 2010 veröffentlicht hat. Dieser Studie zufolge sind Selbstbewusstsein, Durchsetzungskraft und Durchhaltevermögen sowie eine strukturierte Karriereplanung  wichtige Voraussetzungen, damit Frauen  Führungspositionen einnehmen und auch auf Vorstandsebenen bestehen können.
 
"Viele junge Akademikerinnen, die ich in den letzten Jahren beraten  habe, waren überdurchschnittlich gut qualifiziert", bestätigt auch Melanie Vogel. "Sie waren fit für eine Karriere und hatten alle Chancen, es bis ganz  nach oben zu schaffen. Sie standen sich nur oft selbst im Weg."
 
Berufseinstieg mit angezogener  Handbremse
Haupt-Hindernis waren laut Melanie Vogel vor allem mangelnder Mut und die Angst vor Verantwortung. „Hinzu kommt“, so berichtet sie  weiter, „dass viele junge Frauen unbewusst nur bis zum ersten Kind planen. Sie steigen schon mit angezogener Handbremse in den Beruf ein und viele fahren nur mit halber Kraft weiter. Sie schöpfen ihr Potential nicht aus, weil sie nicht wissen, wie sich der potentielle Kinderwunsch auf den eigenen Job ausüben wird. Dieses 'Schauen-wir-mal-was-kommt'-Prinzip ist absolut hinderlich für eine  erfolgreiche Karriere. Da haben Männer einen strategischen Vorteil. Gedanklich  haben viele ihre Karriere schon bis zum ersten Vorstandsposten skizziert – und  wenig hält sie davon ab, dieses Ziel zu erreichen.“ Auch die im Rahmen  der EWMD-Studie befragten Frauen teilen die Einschätzung, dass Frauen eher der Glaube an den Erfolg und das Zutrauen in ihre Fähigkeiten als die Fähigkeiten selbst fehle.
 
Dr.  Sonja  Unterlechner von BCG dazu: "Frauen neigen  dazu, ihre eigene Leistung skeptischer zu beurteilen als ihre männlichen  Mitbewerber. Sie sind manchmal zu zurückhaltend und zu kritisch mit sich selbst. Potenziellen Bewerberinnen würde ich gern folgenden Rat mit auf den Weg geben: Traut es Euch zu und versucht es einfach."
 
Barbara Klunker, Fachbereichsleiterin bei der DIS AG, ist überzeugt: „Die Karriere beginnt im Kopf, mit dem eigenen Selbstverständnis und dem eigenen Selbstbewusstsein. Die  meisten Karriere-Frauen, die ich persönlich kenne, haben zu Beginn ihrer  Laufbahn keinen Gedanken daran verschwendet, als Frau gegenüber ihren männlichen  Kollegen benachteiligt zu sein. Ganz im Gegenteil: Einige sehen für sich als  Frau sogar große Vorteile – und der Erfolg gibt ihnen  Recht!“
 
Erfolgreiche Frauen haben offensichtlich eine andere Einstellung zu Erfolg und Karriere, das bestätigt auch Melanie Vogel. „Sie sind mindestens  ebenso zielstrebig und ehrgeizig wie Männer und der Unterschied zu den weniger  erfolgreichen Frauen ist genau der gleiche wie bei Männern: erfolgreiche Frauen und Männer geben nicht auf. Sie beißen sich durch und wissen, was sie  wollen.“
 
Melanie Vogel rät zu einer Abkehr vom 'Schauen-wir-mal-was-kommt'-Prinzip und plädiert für eine „Ich-weiß-was-ich-will“-Taktik. „Es hat schon seinen Grund, warum man 'Karriere' symbolisch mit einer Leiter darstellt und nicht mit einer Rolltreppe. Der Aufstieg ist mühsam, manchmal wackelig und die Gefahr des Abstürzens begleitet einen, je höher man kommt.“ Sie empfiehlt Frauen daher, die eigene  Karriereplanung von langer Hand zu planen und selbstbewusst, durchsetzungsstark  und zielstrebig anzugehen. „Die Saat für Frauen mit Karriere-Ambitionen ist  gesät, sie müssen nur noch ernten. Die Chancen dazu waren nie besser.“
| Eine gute Möglichkeit für Frauen, ihre eigene Karriere-Fitness zu testen, bietet der Messe-Kongress women&work, der am 14. Mai 2011 zum ersten Mal im Bonner Plenargebäude statt findet. Auf der ersten bundesweiten Karrieremesse für Frauen treffen karriereorientierte Besucherinnen das Who-is-Who der deutschen Unternehmen. Vorterminierte Vier-Augen-Gespräche, spannende Kontakte am Messestand und ein umfangreiches Kongress-Programm helfen den Frauen beim persönlichen Networking und bei der erfolgreichen Karriereplanung. Weitere Infos zum Messe-Kongress women&work gibt es unter http://www.womenandwork.de. Link zu anderen Stories | 
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