Belastung
Wenn der Erfolg zu Kopf steigt
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Immer weiter, immer schneller, immer höher – so lautet die Devise der hiesigen Leistungsgesellschaft. Um sich einen Platz ganz oben auf der Karriereleiter zu sichern, arbeiten Studierende unermüdlich auf einen guten Abschluss hin. Doch die Zahl derer, die dem Erfolgsdruck nicht standhalten können, nimmt stetig zu. Für viele bleibt der Griff zur chemischen Keule der einzige Ausweg.
Von: Jakob Önat
Traubenzucker war gestern. Synthetisches Koffein und Ritalin sind momentan – im wahrsten Sinne des Wortes – in aller Munde. Normalerweise wird Ritalin zur Behandlung von Kindern mit dem „Zappelphilipp-Syndrom“ eingesetzt. Bei gesunden Menschen steigert der Wirkstoff Methylphenidat die kognitive Leistungsfähigkeit. Aufgrund dieser Wirkung hat die Pille in den Hörsälen der Universitäten Einzug gehalten. Einige Experten gehen sogar davon aus, dass bereits fünf Prozent der Studierenden leistungssteigernde Arzneimittel konsumieren. Der Schweizer Ritalin-Markt hat sich aufgrund des inflationären Gebrauchs innerhalb einer Dekade verachtfacht – und noch ist das Potenzial bei Weitem nicht ausgeschöpft. Die meisten Ritalin-Konsumenten sind sich nicht im Klaren darüber, welche Risiken die Modepille mit sich birgt. Und solange der Wunsch, möglichst rasch konzentriert und diszipliniert zu sein, erhalten bleibt, wird sich daran auch nichts ändern.
Leistung als Lebensprinzip
Schon Jean-Paul Sartre, französischer Philosoph und Schriftsteller, stellte fest: „Wer nichts getan hat, ist niemand.“ Leistungsfixiertes Denken nimmt in unserer postindustriellen Gesellschaft einen enormen Stellenwert ein. Nicht nur in der Arbeitswelt, auch in anderen Lebensbereichen muss man über die eigenen Grenzen gehen, um erfolgreich zu sein. Allerdings fühlen sich vermehrt auch Kinder und Jugendliche einem starken Druck ausgesetzt. Sie werden früh nach Leistung selektioniert und müssen den harten Anforderungen und den durch Werbung suggerierten Vorbildern vermeintlich gerecht werden. Und doch scheint es ungewiss, ob sie sich jemals in der Ellbogengesellschaft behaupten werden. Das unaufhaltsame Streben nach Erfolg kann aufgehen, man kann aber auch kläglich damit scheitern.
„Man kann nicht im Sprinttempo einen Langstreckenlauf schaffen“
An vielen Universitäten gibt es mittlerweile psychologische Beratungsangebote für verzweifelte Studierende. Im Interview mit SCROGGIN erklärt lic. phil. Ulrich Frischknecht, Leiter der Psychologischen Beratungsstelle Universität Zürich/ETH, wer dieses Beratungsangebot nutzt und wie man trotz hohem Druck gut durch das Studium kommt. Die Fragen stellte Jakob Önat.
Aus welchen Gründen kommen Studierende zu Ihnen?
Zu circa einem Viertel wegen leistungsbezogener Probleme wie Prüfungsangst, Unsicherheit bezüglich der Prüfungsvorbereitungen oder Prüfungsmisserfolg. Die meisten kommen aus persönlichen Gründen, beispielsweise Verunsicherungen, Ängste, Schlafstörungen, Beziehungsprobleme, Entscheidungsfragen, Stress mit den Eltern etc.
Gibt es Studienrichtungen, die stärker von Ängsten und Unsicherheiten betroffen sind?
Wir stellen keine besonders „anfälligen“ Studienrichtungen fest, sehen aber, dass sich mehr Frauen als Männer melden. Das gilt nicht nur für die Universität Zürich/ETH, sondern betrifft alle beratenden Dienste. Die Studien- und Lebenszeit ist wegen ihrer speziellen Anforderungen und ihrer zeitlichen Nähe zur Adoleszenz eine Quelle von Problemen und Fragen an sich. Die Studienrichtung hat kaum Einfluss auf die Inanspruchnahme unserer Gespräche.
Gibt es allgemein in der Gesellschaft einen Trend zum „Gehirn-Doping“?
Es gibt sicher den Traum vom Gehirn-Doping – aber das ist auch alles. Studieren ist primär harte Arbeit ohne viel Rendite und wird vor allem von Interesse und intellektueller Herausforderung getragen. Die meisten Studierenden sind intelligent genug und bedürfen keines Dopings, sondern der Motivation und manchmal auch der Disziplin.
Was braucht man, um dem Leistungsdruck erfolgreich standzuhalten?
Motivation, kluge Einteilung der Kräfte – man kann nicht im Sprinttempo einen Langstreckenlauf schaffen –, vorausschauendes Lernen und Planen sowie die Fähigkeit, sich genug positive Kontakte zu verschaffen, die die eigene Motivation unterstützen. Ausserdem sollte man Möglichkeiten wie einen Auslandsaustausch und Praktika unbedingt nutzen, denn man soll während des Studiums schliesslich auch leben, nicht nur lernen. Das Studium muss Priorität haben, es soll aber nicht Selbstzweck sein. Nicht zuletzt braucht es den Entschluss, erfolgreich sein und etwas aus sich machen zu wollen.
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Psychologische Beratungsstellen für Studierende
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Hier findest du Links zu den Beratungsstellen verschiedener Universitäten in der Schweiz, welche dir z.B. bei Überbelastung gerne für Rat bereitstehen.
Von: Jakob Önat
Universität Bern:
www.beratungsstelle.bernerhochschulen.ch
Universität Freiburg:
www.unifr.ch/cpe/de
Universität Zürich und ETH:
www.pbs.uzh.ch/index.html
Universität St. Gallen:
www.unisg.ch/UeberUns/Services/Beratungsstellen/PsychologischeBeratungss...
Universität Luzern:
www.unilu.ch/deu/psychologische_beratung_4390.html
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Veränderungskompetenz in chaotischen Zeiten
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Wir leben in einer Zeit des starken Wandels. Veränderungen werden zahlreicher, komplexer und erfolgen in immer kürzeren Intervallen. Aktionen überschneiden sich und verlangen bereits bei der Umsetzung nach weiteren Anpassungen. Grenzüberschreitende Tragweite und der Wechsel von ganzen Wertesystemen erhöhen in unserer gegenwärtigen Zeit die Anforderungen an den Menschen; damit steigen auch die Belastungen und Überforderungen.
Von: Mark Steiner
SCROGGIN: Herr Steiner, Sie treten ja mit zwei klaren Programmen im Markt auf: die DelphinStrategien® und das Kojotenmanagement®. Was können uns denn Delphine und Kojoten in einer hektischen Zeit lehren?
Mark Steiner: DelphinStrategien® sind ein Analyse- und Befähigungstool zur Erlangung von Veränderungskompetenz. Diese setzt sich aus drei Elementen zusammen, nämlich erstens, ein Verständnis für Veränderungen zu haben, zweitens, das Wissen und die Kraft einzusetzen, um Veränderungen proaktiv zu gestalten, und drittens, die Fähigkeit zu haben mit Veränderungen richtig umgehen zu können. Delphine beherrschen diese drei Elemente und zwar intelligent, effizient und spielerisch. Das Kojotenmanagement® ist ein Selbstführungs- und Führungstool. Sinnbildlich verstanden ist der Kojote ein wahrer Lebens- und Überlebenskünstler in sich dauernd verändernden Situationen. Dieses Führungstool besticht durch die Einfachheit, Klarheit, Anwendbarkeit und Praxistauglichkeit. Reduce to the Max ist hier die Devise.
SCROGGIN: Aus Ihren Worten entnehme ich, dass Sie das Hauptgewicht primär auf die eigene Persönlichkeitsentwicklung legen, um mit unserem Zeitbild richtig umgehen zu können.
M.S.: Ja unbedingt. Erfolg beruht nicht hauptsächlich auf äusseren Gegebenheiten, sondern ist eine Auswirkung unseres Denkens. Unsere Gedanken, Vorstellung und Visionen bestimmen unser Verhalten und Handeln. Viele Menschen haben sich unbewusst aufgegeben und funktionieren deshalb mehr schlecht als recht in einem vorgegebenen System. Auf der einen Seite birgt dieses Verhalten den Vorteil, dass mit relativ bescheidenem Aufwand das Bestehende einfach am Laufen gehalten wird. Der Nachteil wiegt jedoch schwer auf, da grosse Veränderungen oder Innovationen kaum mehr möglich sind.
SCROGGIN: Das gilt auch für die Führung?
M.S.: Gerade hier wird oft der Fehler gemacht, sich auf irgendwelche Führungslehren abzustützen. Dass Sie mich richtig verstehen, dies ist zwar nicht falsch, aber ohne die entsprechende Grundlage zu haben ist dies meist wirkungslos. Die Grundlage heisst: Selbstführung. Glauben Sie mir, wenn Sie sich nicht selbst führen können, dann können Sie auch andere nicht führen.
SCROGGIN: Was heisst das für die Karriereplanung?
M.S.: Die Kompetenz für eine nachhaltige Karriere beginnt damit, eine eigene und bewusste Persönlichkeitsentwicklung in Gang zu setzen, getragen von einem eigenen Lebenssinn. Dabei geht es auch darum, den Mut wieder zu erlangen, Visionen zu entwickeln, die Freude entstehen zu lassen am eigenen Fortschritt, am wachsen und lernen, sich selbst zu fördern und zu fordern. Sich seiner Fähigkeiten, Eignungen und Neigungen bewusst zu sein, aber auch die eigenen mentalen Modelle zu kennen, erst daraus kann wieder echtes Selbstbewusstsein und lebendige Selbstmotivation entstehen. Menschen, die wieder gelernt haben, mit einem gesunden Bewusstsein mit sich selbst umzugehen, bringen sich auch bewusster, dynamischer und nachhaltiger in Unternehmen ein. Sie sind bereit sich zu committen und sich mit dem Unternehmen weiter zu entwickeln. Sie haben ein Interesse attraktiv für die Organisation zu bleiben und prägen die Wirkung eines Unternehmens wesentlich mit. Die Arbeit wird zu einem wesentlichen und erfüllenden Bestandteil des eigenen Lebens.
SCROGGIN: Welche Unterstützung kann eine Einzelperson oder eine Firma von einem Beratungs- und Trainingsunternehmen wie Line5Consult erwarten?
M.S.: Wir setzen best-ausgewählte Instrumente zur pragmatischen Situationserfassung und zur nachfolgenden Erfolgsmessung ein. Wir arbeiten an der individuellen Befähigung der Menschen und machen Firmenkulturen transparent, wir zeigen wo sich hinderliche mentale Modelle abspielen und wie man diese umprogrammiert, um Umsetzung zu garantieren. Wir coachen Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen und bieten eine Reihe motivierender Seminare im Sinne des selbst erlernen und selbst erfahren an.
Weitere Informationen: www.L5C.ch
Der Artikel erschien im 'SCROGGIN-career' Ausgabe Nummer 4 - 2008. Link zu anderen Stories |
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