auswandern
Ein Kommunikationsleiter taucht auf den Philippinen ab
![]() |

«Eigentlich wollten wir nur eine Auszeit», meint Lorenz Wenger. Doch aus der Idee wurde mehr: Am 12. September 2007 flog Lorenz Wenger mit seiner kleinen Familie auf die Philippinen. Ab 1. November leitet er dort zusammen mit seiner Frau Helena eine kleine und gemütliche Tauchbasis mit Ressort, sechs Bungalows und 15 Angestellten. Sohn Jorik (2) ist zuständig für das Entertainment der Gäste.
Von: Lorenz Wenger
Zuerst sollten es nur drei Monate sein. Die junge Familie plante, eine Auszeit in Argentinien zu geniessen. Doch es kam anders. Lorenz formuliert es so: «Statt einfach nur Ferien zu machen, in einer Hängematte zu liegen und Sandburgen zu bauen, wollten wir ein Familienprojekt, bei dem wir zusammen Zeit verbringen und Neues hinzulernen». Lorenz, Kommunikationsleiter und Tauchinstruktor, taucht seit zehn Jahren in allen Gewässern der Welt und hat bereits einige Jahre als Tauchlehrer in Ägypten gearbeitet. Helena, die studierte Geografin, hat ein Jahr in Kolumbien gelebt. Gemeinsam hegten sie bereits seit einiger Zeit den Wunsch, nochmals gemeinsam für längere Zeit im Ausland etwas anzupacken.
«Seit Jorik kein Säugling mehr ist, können wir ihn überallhin mitnehmen. Er freut sich bestimmt, das Meer kennenzulernen», meint Helena überzeugt.
Wieso wandert die Familie ausgerechnet auf die Philippinen aus? «Sie sind als Tauchdestination im Vergleich zu Thailand, Malediven und Ägypten noch die grosse Unbekannte. Die Insel-Republik ist zu über 80% katholisch, Amtssprache ist Englisch.
Dadurch ist der Zugang zu den Filipinas einfach. Das Tauchen ist einzigartig, die Artenvielfalt unter Wasser einer der vielseitigsten überhaupt. Zudem ist der Tourismus dort, wo er in Thailand oder Bali vor 15 Jahren war. Das Leben ist authentisch», meint Lorenz. Der Artikel erschien im 'SCROGGIN-career' Ausgabe Nummer 2/2007. Link zu anderen Stories |
- Anmelden oder Registrieren um Kommentare zu schreiben
Entdeckung der Langsamkeit
![]() |

Am 12. September 2007 flog Lorenz Wenger mit seiner Familie auf die Philippinen, um dort ein Tauchressort zu übernehmen und es neu zu eröffnen ('SCROGGIN-career' berichtete). Während der ersten vier Monate musste er Personal gewinnen, alles instand setzen und die ersten Gäste betreuen. Im Interview erzählt der junge Auswanderer von seinen Erlebnissen.
Von: Lorenz Wenger
SCROGGIN: Wir haben im letzten 'SCROGGIN-career' über Ihre Pläne und Vorstellungen berichtet, bevor Sie auf die Philippinen ausgewandert sind. Was ist seither geschehen?
Lorenz Wenger: Am Anfang war alles neu, auch die Umgebung. Wir mussten uns zunächst
an das Klima gewöhnen und starteten sanft in unserer neuen Wahlheimat mit zehn Tagen am Sandstrand, bevor wir uns an die Arbeit machten. Jorik, unser Sohn, war uns dankbar.
Dann begann die Arbeit. Seither habe ich viel über Motoren, Generatoren, Boote, Stromund
Wasserleitungen gelernt. Vom ehemaligen Bürogummi mutiere ich langsam zum Allrounder.
SCROGGIN: Was waren die ersten Schritte vor der Eröffnung des Tauchressorts?
Lorenz Wenger: Zunächst mussten wir das geeignete Personal für unser kleines, familiäres Ressort finden und ausbilden. Innert kürzester Zeit flatterten über 70 Bewerbungen ein. Für ein 300-Seelen-Dorf ist das eine Menge! Entscheidend waren meist die Englischkenntnisse und das persönliche Auftreten der Bewerber. Dann kam das Training der Angestellten: Für den Drink White Russian zum Beispiel musste ich unserem neuen Barkeeper erklären, wie man ein Tetra-Pak Milch öffnet. Solche Luxusgüter kennen die Filipinos hier nicht. Wir starteten also bei Null.
SCROGGIN: Was forderte bisher am meisten Geduld?
Lorenz Wenger: Die Beschaffung von alltäglichem Gebrauchsmaterial beansprucht viel Zeit und Nerven. Ich musste zum Beispiel fünf Tage investieren, um eine richtige Schraube aufzutreiben. Was ebenfalls Geduld forderte, war die Installation des Kompressors. Dieser ist für eine Tauchschule unersetzlich und liefert täglich die Luft zum Tauchen. Da nur eine Strom-Phase zugänglich war, musste eine zweite gelegt werden. Auf den Philippinen bekommt man grundsätzlich alles. Die Frage ist nur wann, wo und zu welchem Preis.
SCROGGIN:Was ist besser als in der Schweiz?
Lorenz Wenger: Nichts, es ist nur anders!
SCROGGIN: Was ist anders?
Lorenz Wenger:Wenn man sein Auto einer Werkstatt anvertraut, kann es gut sein, dass nach der Reparatur mehr kaputt ist als vorher. Dafür haftet allerdings niemand. Auch neu für mich: Hier ist es eine Selbstverständlichkeit, den Vorgesetzten nach Lohnvorschuss zu fragen.
SCROGGIN: Vermissen Sie etwas?
Lorenz Wenger: Die Privatsphäre leidet. Wir suchen längerfristig ein zweites Leiterpaar für das Resort, damit wir uns gegenseitig vertreten können. Momentan ist es noch nicht einmal möglich, dass ich gemeinsam mit meiner Frau in die Stadt zum Einkaufen fahre oder wir einmal einen Familienausflug unternehmen. Man ist einfach 24 Stunden am Tag präsent und gibt sogar noch unter der Dusche Anweisungen.
SCROGGIN: Vermissen Sie etwas?
Lorenz Wenger: Die Privatsphäre leidet. Wir suchen längerfristig ein zweites Leiterpaar für das Resort, damit wir uns gegenseitig vertreten können. Momentan ist es noch nicht einmal möglich, dass ich gemeinsam mit meiner Frau in die Stadt zum Einkaufen fahre oder wir einmal einen Familienausflug unternehmen. Man ist einfach 24 Stunden am Tag präsent und gibtsogar noch unter der Dusche Anweisungen.
SCROGGIN: Seit dem 1. November 2007 ist das neue BlueStar dive & resort in Bohol für tauchbegeisterte und ruhesuchende Gäste geöffnet. Was bieten Sie?
Lorenz Wenger: Unser Ziel ist es, ein ruhiges und unvergessliches Ferienerlebnis mit vielfältigen Tauchgängen zu bieten. Tagesausflüge zu den inseltypischen Märkten, zu den berühmten Chocolate Hills oder zu den Tarsiers – das sind die kleinsten Primate der Welt – runden unser Angebot ab. Abends schauen wir mit unseren Gästen open air einen Film auf Grossleinwand oder erzählen uns Piratengeschichten an der Bar.
SCROGGIN: Ihre persönliche Bilanz nach vier Monaten Philippinen?
Lorenz Wenger: Wir bereuen unsere Entscheidung, die Schweiz zu verlassen, überhaupt nicht. Man kann alles Geld der Welt verlieren – die Erfahrungen, die wir hier machen, sind unersetzlich und können uns niemals gestohlen werden.
Mehr Informationen zur Tauchbasis und zum Resort: www.bluestardive.com
Der Artikel erschien im 'SCROGGIN-career' Ausgabe Nummer 3/2008.
Link zu anderen Stories |
- Anmelden oder Registrieren um Kommentare zu schreiben